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Am seidenen Faden

Das harte Leben auf der Straße und die Alkoholkrankheit bringt viele Obdachlose früh an den Rand des Todes. Manchmal verhilft das rechte Angebot zum rechten Zeitpunkt zu einem neuen Leben, berichtet Petra Eger.

Ich kenne einige unserer BewohnerInnen von früher, als sie auf der Straße waren, von meinem vorigen Arbeitsplatz in einem Tageszentrum für Obdachlose. Das ist nicht lustig mit anzusehen. Die Härte und das Elend der Straße. Viele sind körperlich versehrt. Zum Teil faulen die Beine weg. Wenn ich mich da an manche Männer zurück erinnere, kann ich kaum glauben, wie sie jetzt hier wohnen. Das hätte ich nie vermutet. Dass Menschen nach so langer Zeit auf der Straße noch einmal ein ganz anderes Leben führen können. Dass sie trocken und von ihrem Äußeren her total unauffällig sind, eine Wohnung in Schuss halten und Freundschaften pflegen.

Herr B. ist so einer. Er kommt aus der Steiermark. Er war sehr unangenehm, wenn er betrunken war. Und ich kannte ihn eigentlich nur betrunken. Bis zur Bewusstlosigkeit hat er sich besoffen. Er kannte überhaupt keine Grenze. Eines Tages hatte er einen schweren Unfall. Volltrunken ist er von einer Mauer herunter gefallen. Dann war er längere Zeit im Spital und danach ist er hier eingezogen. Durch den Unfall kann er seine rechte Hand kaum mehr bewegen. Aber das merkt man ihm kaum an.

Jetzt ist er trocken, hat eine der schönsten Wohnungen - wenn nicht die schönste. Er selbst kommt daher, wie aus dem Ei gepellt. Für andere Obdachlose hat er sich zu einer kleinen Mutter Teresa entwickelt. Andere Obdachlose, viele Leute, die ich auch von früher kenne, kommen ihn besuchen. In seiner Wohnung darf kein Alkohol konsumiert werden, das mag er überhaupt nicht. Er schaut auch drauf, dass seine Kollegen duschen können und etwas zu essen kriegen. Vor ein paar Jahren hätte ich mir nicht gedacht, dass er so lange überleben kann. Geschweige denn, dass er sich zu so einem fürsorglichen Menschen entwickeln wird.

Wie es zu diesem Lebenswandel kam? Gesundheitlich hatte er wohl nicht mehr rasend viel Spielraum. Die Angst vor dem Tod ist bei vielen da. Irgendwann spielt irgendein Organ nicht mehr mit und dann überlegen sie natürlich, wie es weiter gehen soll. Plötzlich hängt das Leben an einem seidenen Faden. Wenn dann die richtigen Angebote verfügbar sind, kann manch einer noch ein zweites Leben leben.

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