Menschen, die lange auf der Straße lebten, müssen sich erst wieder ans Wohnen gewöhnen, erzählt Christina Kramer. Aber sei das Fernweh noch so groß, jeder Seemann läuft den letzten Hafen an.
Manchmal werden Menschen einfach auch müde. Irgendwann kommt für viele der Punkt, an dem sie sagen, jetzt bin ich doch froh, ein Dach über dem Kopf zu haben, nicht mehr im Winter draußen sein zu müssen und mich ständig organisieren. Es ist ein permanenter Überlebenskampf auf der Straße. Herr Olaf lebte lange Jahre so. Jetzt ist er Anfang 70. Sein ganzes Leben ist er durch Europa getrampt. Angeblich fuhr er auch zur See. Bei ihm ist der Punkt offenbar gekommen, wo er sagt, ich hab da jetzt meinen Alterswohnsitz.
Gerade in unserem Haus ist er richtig. Er will nix von uns, nur seine Ruhe haben. Er ist immer freundlich, wenn man ihn sieht. Aber er ist auch froh, dass wir nicht zu nachgehend sind und ihn mit Angeboten belästigen, die er nicht braucht und will. Er ist noch viel unterwegs. Er bricht zeitig auf, ist den ganzen Tag unterwegs. Nachmittags kehrt er in die Wohnung zurück, legt sich für ein Schläfchen auf die Couch und schaut dann später ein wenig aus dem Fenster.
Am Anfang war ich sehr skeptisch, ob er das Wohnungsangebot bei uns überhaupt annehmen kann. Herr Olaf war schon extrem unterernährt, hatte offene Füße. Er war körperlich in einem schlechten Zustand. Leute, die lange nicht mehr in einer Wohnung gelebt haben, verlernen das Wohnen und fühlen sich eingesperrt. Die wissen nicht mehr, was sie in einer Wohnung anfangen sollen. Der Mann war lange stationär im Otto-Wagner-Spital. Die haben ihn dort ein wenig aufgepäppelt.
Dann ist er zu uns gekommen. Er hat die Wohnung bezogen und seitdem wohnt er ohne Unterbrechung hier. Die Wohnung ist zwar noch immer total kahl. Außer der Möblierung, die wir zur Verfügung stellen, ist eigentlich nichts zusätzlich drinnen. Aber er fühlt sich wohl bei uns.
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