Bettina Friedl erzählt, wie in einer strukturschwachen Gegend ganze Familien den Halt verlieren können und wie ein wenig Hartnäckigkeit doch noch zu einem sorgenfreien Leben führen kann.
Ich mache das jetzt 13 Jahre in Schärding und es gibt viele Erfolgsgeschichten. Ich merke aber auch, dass der Verlust der Arbeit oft den Verlust der Identität bedeutet. Im Bezirk Schärding haben wir in den letzten 25 Jahren tatsächlich 500 Arbeitsplätze durch Abwanderung und Schließung von Betrieben verloren. Noch dazu ist die Gegend infrastrukturell benachteiligt. Ganze Familien haben da den Halt verloren. Und manche kenne ich vom ersten Tag an.
Ich möchte die Erfolgsgeschichte von einem jungen Mann erzählen. Er ist Anfang 40 und hat sehr große psychische Probleme. Er kann keinen Führerschein machen, er hat intensive Platzangst und keine Ausbildung. Er kann nicht in kleinen Räumen arbeiten und reagiert gereizt auf größere Personenansammlungen. Der junge Mann kann nicht mit dem Bus fahren und kann nicht mit der Bahn fahren. Wir haben ihm dann zunächst einen optimierten Arbeitsplatz in unserem sozialökonomischen Betrieb eingerichtet, der seine zahlreichen Phobien berücksichtigt.
Dazu kamen massive Schulden. Die Schuldenregulierung schien aussichtslos. Wir waren bei 90.000 Euro, wobei rund 80.000 Euro reine Kreditkosten darstellen. Für ihn hat auch Arbeit kaum mehr einen Sinn gemacht, weil er aufs Existenzminimum gepfändet wurde.
Irgendwann konnten wir einen Regulierungsplan festlegen, der für alle Beteiligten realistisch schien. Dann sind wir drauf gekommen, dass im selben Ort eine ebenso vollkommen verschuldete Person mit dem ident gleichen Namen wohnt. Weil mein Klient - wie viele Hochverschuldete - die Zahlungsbefehle, die mit der Post gekommen sind, irgendwann nicht mehr geöffnet hat, sind zahlreiche Befehle, die für den Namensvetter bestimmt waren für ihn rechtswirksam geworden. Das war eine Arbeit, das alles auseinander zu klauben und zu sortieren. Da bin ich Wochen gesessen. Wirklich Wochen. Jetzt ist er im Schuldenregulierungsverfahren. Der Ex-Arbeitgeber hat ihn wieder eingestellt. In ein paar Jahren wird er schuldenfrei durchstarten können.
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